Saturn: Der Planet der Ringe

Saturn: Der Planet der Ringe
Saturn: Der Planet der Ringe
 
Saturn ist nicht nur der zweitgrößte Planet des Sonnensystems, sondern wegen seines Ringsystems auch der auffälligste. Als Gasriese zeigt der Planet so große Ähnlichkeiten zu Jupiter, dass man diese beiden Planeten als die »großen« Gasriesen zusammenfasst, während Uranus und Neptun die »kleinen« Gasriesen genannt werden. Sein größter Mond, Titan, ist fast so groß wie der Planet Mars, aber wie bei Saturn selbst ist seine Dichte deutlich geringer als die Dichte der erdähnlichen Planeten. Das sind mögliche Hinweise auf die Entstehungsgeschichte des Planeten und seines Systems, eine ebenso ungelöste Frage wie die nach dem spektakulären Ringsystems, die durch die Raumsondenmission Cassini/Huygens untersucht werden soll. Diese wird im Jahr 2004 am Saturn ankommen und soll dann an die großen Erfolge der Pioneer- und Voyager-Sonden anknüpfen, die zwischen 1979 und 1981 erstmals Saturn aus der Nähe untersucht haben.
 
 Der beringte Riese
 
Saturn ist nicht nur der zweitgrößte Planet des Sonnensystems, sondern auch der am weitesten von der Sonne entfernte Planet, der noch mit bloßem Auge problemlos zu erkennen ist. Das Ringsystem kann allerdings nur mit einem Teleskop beobachtet werden, wenngleich auch bereits ein kleines Amateurfernrohr ausreicht. Planetare Ringe sind im Sonnensystem keineswegs einzigartig, denn alle Gasriesen besitzen Staubringe. Doch nur beim Saturn ist dieses System so ausgeprägt, dass es ohne Schwierigkeiten schon mit kleinen Teleskopen zu sehen ist. Die Staubringe wurden erstmals im Jahre 1610 von Galileo Galilei beschrieben, die korrekte Interpretation gelang erst 1656 durch Christiaan Huygens. Das Ringsystem des Saturn liegt in der Äquatorebene, die um 26,8 Grad gegen die Bahnebene des Saturn geneigt ist. Da auch die Äquatorebene der Erde gegen die gemeinsame Bahnebene geneigt ist, ist das Ringsystem im Laufe der Bewegung von Erde und Saturn auf der Erde jeweils in unterschiedlichen Winkeln zu beobachten. Mal blickt man auf die Ober-, mal auf die Unterseite; etwa alle 15 Jahre ist genau die Kante des Ringsystems zu sehen: Der Ring verschwindet scheinbar für einige Monate. Von irdischen Teleskopen aus wurden mehrere Teilungen des Ringsystems erkannt, von denen die beiden größten als cassinische und enkesche Teilung bezeichnet werden. Sie sind nach zwei Astronomen benannt, die wichtige Beiträge zur Erforschung des Saturn lieferten. Erst die Aufnahmen der Voyager-Sonden zeigten, dass dieses Ringsystem in Wirklichkeit aus Tausenden von einzelnen Ringen besteht, die sich in mehrere Gruppen, eben die von der Erde aus sichtbaren Ringe, zusammenfassen lassen.
 
Saturns Ringsystem ist eng mit den Saturnmonden verknüpft, von denen mehr als ein Dutzend bereits von der Erde aus entdeckt worden waren, als Raumsonden bei Saturn eintrafen. Auf Nahaufnahmen des Ringsystems entdeckte man weitere Monde, sodass die Zahl der sicher bekannten Monde derzeit auf 18 angewachsen ist. Hinzu kommen jedoch eine Reihe ungesicherter Beobachtungen, welche die Zahl der Monde vermutlich auf beinahe zwei Dutzend erhöhen.
 
 Saturn als Planet
 
Saturn ist ein Gasriese und besteht überwiegend aus Wasserstoff und Helium. Allerdings ist der Heliumanteil im Vergleich zum Nachbarn Jupiter oder zur Sonne mit sieben Prozent deutlich geringer. Man vermutet daher, dass sich das Helium im Inneren angereichert hat. Daneben enthält die Atmosphäre noch geringe Mengen an Ammoniak und Methan, aber auch Substanzen wie Phosphin, Acetylen oder Ethan. Sie bilden ein Wolkensystem, das ähnlich wie bei Jupiter von Bändern und ovalen Wirbelstürmen beherrscht ist. Die Farbenpracht dieser saturnischen Wolkenstrukturen ist jedoch geringer ausgeprägt als bei Jupiter. Anhand der Wolken ließ sich am Äquator eine Rotationsperiode von 10Stunden und 14 Minuten ableiten, die zu höheren Breiten hin auf etwa 10Stunden und 40 Minuten ansteigt. Wie Jupiter rotiert Saturn also differenziell, das heißt, unterschiedliche geographische Breiten besitzen eine unterschiedliche Umlaufgeschwindigkeit.
 
Leichter als Wasser
 
Saturn ist der Planet des Sonnensystems mit der geringsten Dichte, sie beträgt gerade einmal 0,71 Gramm pro Kubikzentimeter — die Erde besitzt eine Dichte von 5,5 Gramm pro Kubikzentimeter. Fände man einen See, der groß genug wäre um Saturn aufzunehmen, würde der Planet darauf schwimmen! Zusammen mit den Vorstellungen von der Bildung der Planeten gibt dies einige Aufschlüsse über den inneren Aufbau des Planeten.
 
Man geht davon aus, dass die Planeten aus Verdichtungen in einer Gaswolke entstanden, die nach der Entstehung der Sonne um den jungen Stern kreiste. In ihr konnten Gasatome und Staubteilchen kollidieren und allmählich zu Planetesimalen anwachsen. Durch Kollision wuchsen diese weiter und bildeten die Kerne der Gasriesen sowie die terrestrischen Planeten. Die Überreste dieser Unzahl von Planetesimalen kreisen heute als Asteroiden und Kometen um die Sonne. Bei den Gasriesen sammelte sich um einen massereichen Planetesimal eine Gasschicht an. Da diese Planeten nach ihrer Entstehung zu kontrahieren begannen, erhitzten sie sich zusätzlich, was auch einen Teil der von Saturn abgegebenen Überschusswärme erklärt.
 
Im Zentrum von Saturn befindet sich demnach ein aus solchen Planetesimalen gebildeter fester Körper, dessen Masse schätzungsweise 20 Erdmassen beträgt. Über diesem befindet sich eine Schicht, die überwiegend aus metallischem Wasserstoff besteht. Der Druck der darüber liegenden Atmosphäre ist hier nämlich so hoch, dass die Wasserstoffatome so eng zusammengepresst werden, dass Elektronen freigesetzt werden und der Wasserstoff metallähnliche Eigenschaften erhält. In diesem Bereich befindet sich auch das Helium, welches in der von der Erde aus beobachteten hohen Atmosphäre fehlt. Es sinkt wahrscheinlich immer noch, wie seit der Entstehung des Planeten, überaus langsam in Richtung Planetenkern.
 
Saturn strahlt etwa 1,8-mal mehr Wärme ab, als er von der Sonne empfängt — ein Betrag, der durch die gravitationsbedingte Verdichtung und Schrumpfung des Planeten oder radioaktiven Zerfall nicht vollständig erklärt werden kann. Die restliche Überschusswärme wird vermutlich durch die Umwandlung von potenzieller Energie des Heliums in Wärme beim Absinken erzeugt.
 
Weit über dieser hoch komprimierten Zone aus Wasserstoff und Helium beginnt die normale Saturnatmosphäre, deren Druck von innen nach außen immer mehr abfällt. Bei überaus niedrigen Temperaturen von —191 Grad Celsius an der Wolkenobergrenze und »immerhin« etwa —130 Grad Celsius in tieferen Schichten bei einem Druckniveau von 1 200 Millibar herrschen Windgeschwindigkeiten von bis zu 1 800 Stundenkilometern vor. Jetstreams erstrecken sich bis in größere Tiefen und reichen vielleicht sogar über den Äquator von der nördlichen in die südliche Hemisphäre hinüber (oder umgekehrt).
 
Das Magnetfeld des Saturn
 
Die metallische Phase des Wasserstoffs ermöglicht einen Dynamoeffekt, bei dem die freien Elektronen durch die Rotation des Planeten auf Kreisbahnen gezwungen werden, wodurch wie auf der Erde oder dem Jupiter ein ausgeprägtes Magnetfeld induziert wird. Dessen Stärke entspricht an der Wolkenobergrenze etwa der Hälfte der Feldstärke des Erdmagnetfelds. Saturns Magnetfeld erstreckt sich über zwanzig Planetenradien weit in den Weltraum hinaus, allerdings wird es dabei sowohl vom Sonnenwind als auch vom Magnetfeld des Jupiter beeinflusst. So konnten die Voyager-Sonden beispielsweise beobachten, dass sich das Magnetfeld des Saturn während eines Abfalls der Sonnenwindaktivität sprunghaft nach außen ausdehnte. Zu anderen Zeiten konnte die vom Magnetfeld des Planeten ausgehende Radiostrahlung nicht mehr nachgewiesen werden, da sie durch den Magnetfeldschwanz des Jupiter abgeschirmt wurde — der sich zu diesem Zeitpunkt also über mehrere Hundert Millionen Kilometer in den Weltraum erstreckte (die irdische Magnetosphäre reicht auf der sonneabgewandten Seite maximal 5—10 Millionen Kilometer in den interplanetaren Raum).
 
Im Inneren des Magnetfeldes entdeckten die Raumsonden eine Zone von ionisiertem (elektrisch geladenem) Wasserstoff und Sauerstoff und ähnlichen Teilchen, vergleichbar mit dem irdischen Van-Allen-Gürtel. Sie erstreckt sich bis in eine Entfernung von etwa 400 000 Kilometern vom Planeten. Außerhalb dieses Gürtels befindet sich eine ausgedehnte Wolke aus Ionen und Elektronen (eine Plasmawolke), die sich bis in eine Entfernung von etwa 620 000 Kilometern erstreckt. Die darin befindlichen Ionen werden vermutlich aus den Atmosphären von Saturn sowie seinem Mond Titan geliefert.
 
Das Ringsystem
 
Das herausragende Merkmal des Planeten Saturn ist das ausgedehnte Ringsystem, das erst nach den Vorbeiflügen der Raumsonde Pioneer 11 und insbesondere der beiden Voyager-Sonden in seiner ganzen Pracht untersucht werden konnte und dabei auch einige Überraschungen offenbarte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man nämlich angenommen, dass Saturns Ringsystem aus etwa einem halben Dutzend einzelner Ringe besteht, die jeweils eine einheitliche Wolke in der Äquatorebene des Planeten bilden und durch Lücken voneinander getrennt seien. Entsprechend der Reihenfolge ihrer Entdeckung hatte man sie mit lateinischen Großbuchstaben bezeichnet. Erst durch die Aufnahmen der Planetensonden erkannte man jedoch, dass die Ringe aus Tausenden sehr viel dünnerer Ringe bestehen, die innerhalb dieser Systeme angeordnet sind. Selbst die von der Erde aus sichtbaren Teilungen sind nicht vollständig frei von Materie, sondern enthalten ebenfalls Materie, wenn auch in weit geringerem Ausmaß.
 
Das war allerdings noch nicht das endgültige Bild. Sowohl direkte Aufnahmen wie auch die Beobachtung von Sternbedeckungen durch die Ringe, die mittels der Instrumente an Bord von Voyager 2 durchgeführt wurden, zeigten, dass auch die Gebiete zwischen den neuen, schmaleren Ringen noch Materie enthalten und nur wenige echte Lücken existieren.
 
Man nimmt an, dass die Ringe selbst Dichtewellen repräsentieren, die vor allem durch Resonanzen der Umlaufzeiten des Ringmaterials mit unterschiedlichen Saturnmonden hervorgerufen werden. In einer Reihe scheinbarer Lücken befanden sich auch exzentrische Ringlets, bei denen es sich um Ringe unterschiedlicher Dicke und Dichte handelt. Bisweilen fehlen ganze Teile dieser Ringlets oder sie sind so dünn, dass der Ring praktisch nicht mehr sichtbar ist. Viele der Ringe bestehen aus mehreren Strängen, die ineinander verwoben zu sein scheinen. Diese Beobachtungen sind weitere deutliche Hinweise darauf, dass die Ringe dynamische Systeme sind, deren Zustand sich in Wechselwirkung mit den Monden ständig ändert.
 
Speichen im Ring
 
Eine Besonderheit des Ringsystems sind radiale Strukturen, die Speichen genannt werden und auch im B-Ring des Jupiter, dem von der Erde aus gesehen breitesten Jupiterring, auftreten. Diese Speichen konnten bislang nur von den Voyager-Sonden beobachtet werden. Sie entstehen im Gebiet zwischen etwa 43 000 und 57 000 Kilometer Entfernung vom Saturn und zeigen eine deutliche zeitliche Entwicklung: Während ihrer Entstehung sind die Speichen zunächst schmal und scharf. Im Lauf der Zeit verbreitern sie sich an der Saturn zugewandten Basis immer mehr, bis sie eine beinahe dreieckige Form besitzen.
 
Die Speichen scheinen zu Beginn mit Saturns Magnetfeld zu rotieren, bewegen sich also in etwa 10 Stunden und 40 Minuten um den Planeten. Ältere Speichen zeigten jedoch Anzeichen einer Keplerbewegung, das bedeutet, dass Bereiche, die weiter vom Planeten entfernt sind, mit geringerer Geschwindigkeit als weiter innen liegende Bereiche rotieren, weshalb sich die Speichen mit der Zeit auflösen.
 
Das von den Speichen reflektierte Licht zeigt, dass es sich um staubfeine Teilchen von höchstens einigen Mikrometern Größe handelt. Sie entstehen vermutlich aus elektrisch geladenen Teilchen, die mit dem Magnetfeld in Wechselwirkung treten. Durch diese Speichen wurde auch zum ersten Mal eine Größenschätzung der Materie in den Saturnringen möglich.
 
Frühere Schätzungen beruhten auf erdgebundenen Beobachtungen und reichten von Staubkörnern bis hin zu einige Dutzend Meter großen Eisbrocken. Anhand des Streuvermögens der Ringe wird deutlich, dass es sich zumindest bei einem großen Teil von ihnen um staubkorngroße Partikel handelt, die aus silikatischem Material und Wassereis bestehen.
 
 Die Saturnmonde
 
Die meisten der vor den Raumflugmissionen bekannten Saturnmonde sind relativ große Raumkörper mit Durchmessern von einigen Hundert bis einigen Tausend Kilometern. Zu ihnen gehören etwa Mimas, Enceladus, Tethys, Dione und Rhea. Sie weisen in der Regel Krater auf, deren Größe ein Drittel des Monddurchmessers erreichen kann. Weiterhin sind diese Monde auch mit Wassereis bedeckt, das beispielsweise Enceladus ein fast hundertprozentiges Reflexionsvermögen verleiht. Dieses Wassereis gilt als eine der Hauptquellen sowohl der Ringmaterie als auch der Ionen- und Plasmagürtel um Saturn.
 
Anhand von Anzahl und Größe der Krater lässt sich erkennen, dass die Oberflächen der Monde immer noch Veränderungen unterliegen. So finden sich Regionen auf Enceladus, die wegen der relativ geringen Kraterzahl nicht älter sein können als einige Hundert Millionen Jahre. (Das Sonnensystem und damit auch Saturn und seine Monde entstanden vor 4,5—5 Milliarden Jahren.) Da die Körper nicht groß und nicht dicht genug sind, um durch radioaktives Material aufgeheizt zu werden, bleibt als wahrscheinlichste Wärmequelle die von Saturn ausgeübte Gezeitenreibung im Innern der Satelliten, vor allem dann, wenn die Umlaufbahnen durch andere Monde immer wieder gestört werden — wie im Fall von Enceladus und Dione.
 
Auch die großen Einschlagkrater zeigen, dass die Oberfläche und vermutlich ein bedeutender Teil des Inneren der Monde aus Eis bestehen muss. Der Boden des großen Einschlagkraters auf Tethys folgt in etwa der normalen Form der Oberfläche — ein Resultat des nach dem Einschlag flüssigen Wassers, das eine glatte Oberfläche bilden konnte, bevor es wieder erstarrte.
 
Kleine Monde
 
Die meisten der Saturnmonde sind wesentlich kleinere Körper als Tethys oder Dione, deren Größe im Bereich von einem bis zwei Dutzend Kilometern liegt. Im Gegensatz zu den großen Monden sind sie zudem extrem unregelmäßig geformt und erinnern auf den Aufnahmen der Raumsonden eher an Kleinplaneten (Planetoiden). Von Interesse sind alle Monde besonders durch ihre Umlaufbahnen. Sie rufen Dichteschwankungen im Ringsystem hervor, die als Einzelringe und Verdrehungen sichtbar werden. Zudem fegen sie einzelne Bereiche des Ringsystems von Materie frei und erzeugen so die Grenzen der einzelnen Ringsysteme. Auffällig sind hier beispielsweise Epithemus und Janus, die beinahe dieselbe Umlaufbahn besitzen. Ihre Abstände vom Planeten unterscheiden sich nur um etwa fünfzig Kilometer. Jedes Mal wenn sie sich einander annähern, tauschen sie die Umlaufbahnen. Eine Umlaufbahn wird sogar von drei Satelliten gleichzeitig benutzt: Tethys und die beiden kleinen Monde Telesto und Calypso bilden eine Trojaner-Konfiguration. Solche Konfigurationen sind Beispiele eines himmelsmechanischen Gesetzes, nach dem drei Körper, die miteinander einen Winkel von 60 Grad bilden, eine stabile Konfiguration darstellen. Im Fall der drei Satelliten stellen jeweils Saturn, Tethys und Telesto beziehungsweise Calypso eine solche Dreiecksbeziehung, sodass die beiden Kleinsatelliten um je 60 Grad versetzt vor beziehungsweise hinter Tethys umlaufen.
 
 
Der größte und bedeutendste Saturnmond ist Titan. Er ist einer der wenigen Monde eines Planeten im Sonnensystem, der eine Atmosphäre besitzt. Da sie überwiegend aus Stickstoff und Methan besteht, ist sie für sichtbares Licht undurchlässig. Erst mittels Infrarotbeobachtungen, die mit dem Weltraumteleskop Hubble durchgeführt wurden, konnten verschiedene Bereiche der Oberfläche untersucht werden. Wegen der Dicke der Methanatmosphäre wurde der Radius des Planeten früher etwas zu hoch angesetzt, sodass Titan als der größte Mond im Sonnensystem galt. Erst Messungen von Voyager 1, deren Radiosignale von Titan, nicht aber seiner Atmosphäre verdeckt wurden, zeigten, dass der Mond mit 5 150 Kilometern Durchmesser etwas kleiner ist als Jupiters Mond Ganymed.
 
Titan ist nur wenig kleiner als Mars, der keine nennenswerte Atmosphäre besitzt, und hat zudem eine geringere Dichte als der Rote Planet. Dennoch besitzt Titan eine äußerst dichte Atmosphäre. Der Druck am Boden beträgt etwa das Anderthalbfache des irdischen Luftdrucks. Die Bodentemperatur ist mit etwa —180 Grad Celsius jedoch deutlich niedriger. Damit herrschen auf Titan Bedingungen, die zumindest prinzipiell flüssiges und gasförmiges Methan nebeneinander erlauben — obwohl man vermutet, dass freie Flüssigkeiten am Boden eher aus Ethan bestehen, in dem Methan gelöst ist. Methan könnte damit auf Titan dieselbe Bedeutung besitzen wie Wasser auf der Erde: Es stellt ein bedeutendes Lösungsmittel für chemische Reaktionen dar.
 
 Besucher am Ring
 
Saturn wurde bisher von drei Raumsonden besucht, nämlich von Pioneer 11 im September 1979, von Voyager 1 im November 1980 und von Voyager 2 im August 1981. Insbesondere den Messungen und Beobachtungen, die mittels der beiden Voyager-Sonden durchgeführt wurden, ist der größte Teil des Wissens über das Saturnsystem zu verdanken. Diese Beobachtungen warfen jedoch auch eine Reihe neuer Fragen auf, etwa über den Aufbau und die Struktur der Saturnatmosphäre, über den inneren Aufbau des Planeten, über den genauen Aufbau der Saturnringe und ihre zeitliche Entwicklung, über weitere noch unbekannte Monde zwischen den Ringen oder die Wechselwirkung des Magnetfelds mit den Monden und dem Ringsystem.
 
Huygens und Cassini
 
Die Daten der Pioneer- und Voyager-Missionen sind mittlerweile fast zwanzig Jahre alt. Daher entschied die NASA bereits Anfang der 1990er-Jahre, eine neue Sonde zum Saturn zu entsenden, die sich der Erforschung der offen gebliebenen Fragen widmen soll. Gestartet wurde die fünfeinhalb Tonnen schwere Sonde im Oktober 1997. Nach zwei engen Vorbeiflügen an der Venus und je einem an Erde und Jupiter, in denen die Sonde bei minimalem Treibstoffverbrauch beschleunigt und ihre Flugbahn auf Saturn ausgerichtet wird, wird die Sonde 2004 bei Saturn eintreffen.
 
Die Mission ist eigentlich eine Doppelmission — nach dem Vorbild der Jupitersonde Galileo, die eine eigenständige Sonde zur Untersuchung der Planetenatmosphäre bei sich trug. Wie dort besteht auch die neue Saturnsonde aus dem Modul Cassini, dem Saturn-Orbiter, sowie dem Modul Huygens, der für die Erforschung von Titan vorgesehenen Sonde. Einige Monate, nachdem die Mission bei Saturn eingetroffen ist, soll sich Huygens von Cassini lösen und von einem Fallschirm gebremst in die Titanatmosphäre eintauchen. Dort soll es während des Abstiegs die Atmosphäre untersuchen sowie Bilder der Oberfläche zu dem Modul Cassini senden, das die Daten zur Erde weiterleitet. Nach einer hoffentlich weichen Landung sollen Windgeschwindigkeit und Windrichtung gemessen und die Eigenschaften der Oberfläche untersucht werden.
 
Zu den Fragen, die Huygens beantworten soll, gehört unter anderem diejenige nach der chemischen Zusammensetzung der Titanoberfläche. Aufgrund der Umgebungsbedingungen könnten sich dort Cyanverbindungen bilden, die eine wichtige Vorstufe bei der Entstehung irdischen Lebens waren. Lebensformen auf dem Titan erwartet man allerdings nicht. Aufgrund der extremen Temperaturen, des geringen Energievorrats und der extremen chemischen Verhältnisse auf Titan dürfte Huygens nach etwa einer Stunde am Boden ihre Arbeit einstellen.
 
Cassini wird — hoffentlich — noch lange nach dem Ende von Huygens arbeiten. Angelegt ist die Mission auf etwa vier Jahre. Während dieser Zeit sind eine Reihe von Flügen über die Pole des Saturn geplant, mehrere Vorbeiflüge an Titan, aber auch Passagen an den Monden Iapetus und Mimas sowie an kleineren Satelliten. Diese unterschiedlichen Aufgaben werden vermutlich den größten Teil des Treibstoffvorrats der Sonde aufbrauchen. Sollte Cassini am Ende seiner geplanten Lebensdauer immer noch arbeiten, stehen verschiedene Optionen für eine Extender-Mission zur Auswahl, zu denen etwa eine detailliertere Untersuchung des Ringsystems oder der Monde gehören.
 
Die Radioisotopenbatterie — Gefahr für die Erde?
 
An elektrischer Energie wird es Cassini während der langen Mission kaum mangeln. Wegen der großen Distanz zur Sonne ist Cassini mit drei leistungsfähigen Radioisotopenbatterien ausgestattet. Sie war keineswegs die erste Raumsonde, die mit dieser Energiequelle ausgestattet war: Alle Tiefraumsonden, etwa Pioneer 11, die Voyager-Sonden, aber auch die Apollomissionen, waren damit ausgestattet. Dennoch wurde die nukleare Energieversorgung von Cassini zu einem breit diskutierten Thema, dem die NASA mit einer ebenso breit angelegten Informationskampagne, auch im Internet, zu begegnen versuchte.
 
Die größte Befürchtung der Kritiker war ein Unfall während der Startvorbereitung oder des Starts, der zu einer erheblichen Freisetzung von giftigen und radioaktiven Stoffen sowie Strahlung hätte führen können, ein Absturz während des Vorbeiflugs an der Erde hätte die gleichen Folgen gehabt. Dem stellte die NASA entgegen, dass die Trägerrakete, mit der Cassini gestartet wurde, zu den erfolgreichsten Raketentypen gehört, die im Verlauf von damals 23 Einsätzen nur eine Fehlfunktion infolge eines Problems mit den Feststoffraketen aufwiesen. Zudem konnte die NASA auf zahlreiche Raumflüge verweisen, in denen die Flugkörper nach Flugreisen von Hunderten von Millionen Kilometern noch mit Genauigkeiten von wenigen Kilometern ins Ziel gelenkt wurden. Zu guter Letzt wurde Cassini so gelenkt, dass es erst in den letzten Tagen vor dem Vorbeiflug an der Erde auf die benötigte Zielentfernung für das Swingby-Manöver von 1 160 km gelenkt wurde.
 
 
Saturn, Uranus, Neptun, Pluto. Heidelberg 1990; Videokassette.
 Reiner Klingholz: Marathon im All. Die einzigartige Reise der Voyager 2. Taschenbuchausgabe Frankfurt am Main 1992.
 
Meyers Handbuch Weltall, Beiträge von Joachim Krautter u. a. Mannheim 71994.
 
Lexikon der Astronomie. Die große Enzyklopädie der Weltraumforschung, bearbeitet von Rolf Sauermost. 2 Bände Lizenzausgabe Heidelberg 1995.
 
Huygens. Science, payload and mission, herausgegeben von Andrew Wilson. Noordwijk 1997.
 Helmut Zimmermann und Alfred Weigert: ABC-Lexikon Astronomie. Heidelberg 81999.

Universal-Lexikon. 2012.

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